Example - Folklore

Rübezahl und die Wandergesellen

Einst reisten zwei arme Wandergesellen  über das Riesengebirge. Als sie nun in trüben Gedanken dahinzogen, sahen sie eine prächtige Kutsche vorüberfahren, die von vier Schimmel gezogen und von etlichen Pagen begleitet wurde. Sie dachten, daβ wohl ein vornehmer Herr darin sitzen müsse, eilten hinzu und baten demütig um einen Reisenpfennig.

Da sprang der vornehme Herr aus dem Wagen; er veranlaβte, daβ zwei Stöcke aus dem Gebüsch geschnitten wurden, und überreichte sie ihnen mit den Worten:
“Damit nehmt für diesmal vorlieb! Ihr werdet euch schon daran erholen und wieder auf die Beine kommen.”
Die Gesellen nahmen die Stöcke und bedankten sich, den sie trauten sich nicht, das Geschenk eines so vornehmen Herrn abzulehnen.Hierauf stieg Rübezahl – wer sollte es sonst gewesen ein? – wieder in den Wagen, der ihn eilends forttrug. Die beiden Wanderer humpelten langsam ihres Weges und schwatzten von dem prächtigen Wagen und den armseligen Stöcken, bis endlich der eine verdrieβlich sagte:
“Ei, was soll ich mit dem Stock! Ein solcher Herr hätte uns etwas Besseres schenken können als ein Stück Holz, das ich mir selber schneiden kann!”
Damit warf er den Stock geringschätzig von sich. Er wurde aber von seinem Gefährten getadelt, welcher sprach:
“Ich will meinen Stock behalten. Wer weiβ den, wozu er gut ist?”
Mit solchen und anderen Reden kamen sie endlich über das Gebirge und gingen in eine Herberge. Als nun der Geselle, der seinen Stab behalten hatte, diesen betrachtete, da rieb er sich verwundert die Augen. Aber er hatte richtig gesehen – der schlichte Stock war in lauter Gold verwandelt worden. Als der andere das nun sah, sprach er:” Wir machen Halpart, Bruder! Wir wollen erhlich teilen!” – “Nein, Bruder”, entgegnete jener, “warum hast du deinen Stock weggeworfen?” Da lief der Bursche, der vom Neid getrieben wurde, ins Gebirge zurück, um den Stock zu suchen. So lange er aber suchte, er fand ihn nicht, und schlieβlich muβte er mit leeren Händen und trübselichen Gedanken zu seinem Gefährten zurückkehren. Auch später wurde der Stock nicht entdeckt.



The mountain ghost and the travelling companions

Once two poor travelling companions crossed the giant mountains. Now, as they approached with troubled thoughts, they saw a splendid coach pulled by four white horses and escorted by several pageboys pass by . They thought that a nobleman was surely sitting inside and hurried to it begging humbly for travelling money.

At that the nobleman jumped out of the carriage; he arranged that two sticks be cut from the thicket and handed them to them saying:
“Be satisfied with these! With these you will recover and get back on your feet again.”

The companions took the sticks and gave thanks since they dared not decline a gift from such a distinguished man. At this the mountain ghost (who else would it have been?) climbed back into the coach, which quickly took him away.
Both companions hobbled along slowly and chatted about the grand coach and the wretched sticks until the one sulkily said:”
“Oh, what am I to do with this stick? Such a man could have given us something better than a piece of wood which I could cut myself!”With that he disdainfully threw the stick away. His companion, however, reprimanded him, saying: “I want to keep my stick. Who knows what it is good for?”
With such and other conversation they eventually crossed the mountains and entered an inn. Now when the companion who kept his staff saw this he rubbed his eyes in wonder. He had, however, seen correctly – the ordinary stick had changed into pure gold. Now when the other saw this he said:” Let’s split it evenly between us, brother! We want to share honestly!” – “No brother”, he replied, “why did you throw your stick away?”
At that the young man, driven by envy, returned to the mountains to search for the stick. He had to return to his companion empty handed and with troubled thoughts since He could not find it no matter how much he searched. The stick was not later discovered.